Wieder einmal heimgekehrt

April 2012

 

Wieder einmal ausgeflogen,
Wieder einmal heimgekehrt;
Fand ich doch die alten Freunde
Und die Herzen unversehrt.

Theodor Storm, 1850

Freitag, 20. April 2012

In unserer neuen geräumigen Reiselimousine (Skoda Fabia Combi mit 75 Pferdestärken) treffen wir mit den Fahrrädern auf der Anhängerkupplung kurz nach 18 Uhr in Tönning ein. Fahrräder in den Schapp, Auto ausräumen, und dann genießen wir bei einer Flasche weißem spanischen Bio-Wein unter dem Pavillon die letzten Sonnenstrahlen.

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Sonnabend, 21. April 2012

Einkaufen im Sky-Markt und bei Lidl. Der Vorrat an Gäste-Sekt muss aufgefüllt werden, und dort gibt es den Mumm heute im Sonderangebot für € 3,89 die Flasche. Aus dem Gartenmarkt Frey kommen noch eine Rose und ein Salbeibusch mit.

Ein bisschen Gartenarbeit, doch viel zu tun gibt es nicht, denn unser Gärtner war zuverlässig und hat sogar ungefragt das Moos aus den Plastersteinen gekratzt – der Sack mit dem Kratzergebnis wiegt Tonnen! Auf dass künftig das Unkraut besser durch die Ritzen kommt, lästert Hedwig-de-Uhl*. Schnabel halten! sagt mien Deern, wir dürfen ihn nicht verärgern. Auch als Maurer war er fleißig und hat den Haussockel im Gang zur Süderstraße tipptopp neu verputzt. Es hatte eine Weile gedauert, bis er Zeit dafür fand, doch jetzt kann sich mein Mädchen kaum halten vor Begeisterung. Derweil sie noch im Garten wuselt und über einen Platz für eine weitere Rose nachdenkt, tausche ich den Sattel und die Pedale zwischen dem verrosteten alten Gästefahrrad und dem mitgebrachten Ersatz. Wir hatten ihn gebraucht in Dortmund erworben, doch der harte Sattel und die Rennfahrer-Pedale sind unserer Einschätzung nach nichts für Nis Puks Klientel. Das alte Rad findet einen Interessenten aus der Nachbarschaft, so dass wir es nicht entsorgen müssen.

Am Nachmittag machen wir einen Spaziergang durch den Ort und einen Antrittsbesuch bei Biller un Böker am Herrengraben. Wir kennen Frau Hoppe noch aus Osterhever, im letzten Herbst hatte sie ihren Wohnsitz und ihre Galerie nach Tönning verlegt. Ein Erfahrungsaustausch über Hausrenovierungen und die Kunst. Mein Mädchen meldet sich zu einem Schnupperkurs im Zeichnen mit Bleistiften an.

* Eine für nicht Eingeweihte steinern erscheinende Eule am Gartenzaun, die mitunter mit spitzen Bemerkungen auf sich aufmerksam macht.

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Sonntag, 22. April 2012

Nach dem Frühstück bringen wir das mitgebrachte neue Rollos am Veluxfenster des oberen Gästebads an und sind massig stolz auf unser handwerkliches Geschick. Anschließend verlegen wir uns aufs Malen und streichen den Pavillon im Garten skandinavisch-rot.

Am Nachmittag ein Ausflug zum windumtosten Eidersperrwerk. Strandgut zur künstlerischen Weiterverwertung wollen wir sammeln, es ist aber keines da. Also verbringen wir eine 45-minütige Schönwetterperiode windgeschützt bei Kaffee und Kuchen vor dem Café Mahre im Katinger Watt, ehe wir auf dem Deich bei Vollerwiek die letzten Sonnenstrahlen des Tages genießen. In der nächsten Woche ist hier ‘Anbaden’ angesagt – brrrr!

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Montag, 23. April 2012

Herr Holdack kommt um die neue Tür von der Diele zum Garten einzubauen und stellt beim Ausbau der alten fest, dass die Sache mit sehr viel mehr Arbeit als gedacht verbunden ist. Nach dem Abriss der Rigips-Verkleidung werfen wir einen Blick in die historische Bausubstanz und sind erleichtert: schönes, trockenes Ziegelmauerwerk und eine Innenisolierung aus Kokosfasern – was will man mehr?

Während er weiterwerkelt fahren wir nach Husum, kaufen zwei Dosen weiße Farbe und, nachdem wir uns schon fast zur Anschaffung zweier neuer Gartenbänke durchgerungen hatten (eine als Ersatz für die schwächelnde unter dem Pavillon und eine weitere für die Hauswand neben den hoffentlich bald sprießenden Rosen), gar keine. Womit wir fürs Erste 125 + 175 = 300 Euro gespart haben! Nach der Rückkehr laden wir den Tischler zu einem zweiten Frühstück mit Lachsbrötchen ein.

Gegen zwei Uhr hat er die Tür so weit eingebaut, dass sie abschließbar ist, wenngleich wenn man in der Diele noch das Mauerwerk sieht. Am Mittwochmittag will er wiederzukommen um die noch anzufertigende Verblendung einzusetzen. Wir fahren nach Garding in Kerlins Kupferpfanne und ordern wie üblich ‘mal was ganz anderes’*. Frau Kerlin versteht’s.

Anschließend ein erneuter Abstecher zur Badestelle Vollerwiek. Wir schauen von der Bank vor der DLRG-Station die salzige Luft einatmend über das Meer in den Sonnenuntergang. Ein Windsurfer gleitet über das Wasser. Es ist wärmer als gestern.

* Lamm Provencale auf Schweizer Rösti, wie wir es seit Menschengedenken hier bestellen.

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Dienstag, 24. April 2012

Beim Versuch, die Pfosten und Oberkanten des Pavillons weiß zu streichen, versickert die gestern gekaufte teure Osmo-Lasur ohne Spuren zu hinterlassen im Holz. Erst nach dem dritten Überpinseln gelingt es dem geübten Auge, einen ganz leichten weißen Schimmer auszumachen. Da müssen wir wohl eine andere Farbe besorgen.

Da wir uns gestern nicht auf den Kauf einer neuen Bank hatten einigen konnten, versuche ich die unter dem Pavillon stehende und in der Mitte durchhängende durch eine Neuverschraubung zu stabilisieren. Nun steht sie wieder gerade, doch ob es dabei bleibt? Mien Deern setzt sich vorsichtig, wippt ein wenig und wiegt zweifelnd den Kopf, besucht aber erst einmal einen zweistündigen Einführungskurs in Zeichnen mit Bleistiften in der Galerie Biller un Böker am Herrengraben. Sie ist die einzige Kursteilnehmerin und kommt zurück nicht nur mit Kenntnissen im Bleistiftzeichnen, sondern auch mit einem umfassenden Wissen bezüglich des Werdegangs des Künstlerehepaars.

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Mittwoch, 25. April 2012

Am Vormittag bessert mien Deern die außen abblätternde Farbe des unteren Badezimmerfensters aus, während ich einen neuer Anlauf unternehme, die Pfosten des Pavillons weiß zu streichen. An sich ganz erfolgreich, wenngleich ich den Farbrest zum Abschluss in den offenstehend Topf mit der Fensterfarbe kippe und diese damit unbrauchbar wird.

Früher als gedacht kommt am frühen Mittag Herr Holdack. Wir fahren noch einmal nach Husum, um eine Gartenbank zu kaufen, die zwischen der künftigen Rosenpracht an der Hauswand ihren Platz finden soll. Für 125 Euro wird es eben die, die wir schon am Montag in Erwägung gezogen hatten. Und auch wenn die Bank unterm Pavillon schon wieder in der Mitte durchhängt, bleibt ihr die Entsorgung und uns die Ausgabe von weiteren 175 Euro erspart, denn wir geben der Invaliden noch eine Chance und spendieren ihr eine Krücke in Form eines Stützbeins.

Zurück in Tönning ist der Tischler noch bei der Arbeit. Wir hüten uns, den Karton mit den Teilen für die neue Bank schon jetzt aus dem Auto zu holen und sie unter seinen Augen zusammenzusetzen – nicht dass er einen Lachkrampf bekommt. Doch er ist bald fertig mit seinem Job und wir bedanken uns mit einem opulenten zweiten Frühstück. Wann denn morgen Essenszeit sei? will er wissen. Ehe er geht telefoniert er noch mit einem Kollegen von der Gardinger Maurerzunft und erklärt ihm, wie die Eingangschwelle wieder herzurichten ist. Der gute Mann kommt dann am Freitag.

Am Nachmittag bauen wir unbeobachtet von den kritischen Augen eines Fachmanns die neue Bank auf. Eine kluge Entscheidung, denn es gibt vier Möglichkeiten die Rückenlehne anzubringen, wobei nur bei einer alles wackelfrei zusammenpasst. Dreimal zusammengesetzt und wieder zerlegt, steht die Bank schon beim vierten Versuch! Mit einem Glas Wein wird das Ergebnis begossen. Jetzt müssen nur noch die Rosen an der Wand die versprochenen zwei Meter Höhe erreichen.

Am Abend bekommen meine Schuhe zu den skandinavisch-roten – siehe Sonntag – noch ein paar helle Farbflecken, und strahlend weiß präsentiert sich die Pergola am Eingang zum Hof.

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Donnerstag, 26. April 2012

Wir holen die Fahrräder aus dem Schuppen, wollen einen bisher unbefahrenen Weg im Katinger Watt erkunden und den Ort suchen, an dem unser silbernes Anti-Atomkraft-Rad* vor zwei Jahren seinen großen Auftritt hatte. Im Sommer hatte 2010 ein Feriengast vom äußersten südlichen Zipfel Deutschlands an einem Fotowettbewerb der Tourismuszentrale Eiderstedt teilgenommen und mit einem Foto des Fahrrads am Geländer einer Brücke im Katinger Watt den ersten Preis gewonnen.

Ein starke Brise bremst uns bereits auf dem Eiderdeich aus. Wir schlagen uns noch wacker bis Olversum durch, lassen uns dann aber doch von der ‘Vernunft’ überreden, die Exkursion auf einen anderen Tag zu verschieben.

Am Nachmittag streicht der Maler die Türeinfassung ein erstes Mal. So lange, wie er dafür braucht, wird die Sache nicht ganz preiswert.

* Ein Kettler-Alu-Fahrrad mit einem Aufkleber Stoppt die Atomindustrie, kämpft für das Leben aus dem Jahr 1978, mit dem mien Deern im Jahr nach ihren Abitur eine Fahrradtour entlang der nordfriesischen Küste unternommen hatte, und das nun unseren Feriengästen zu Verfügung steht.

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Freitag, 27. April 2012

Maurermeister Voß stattet uns einen Besuch ab, schaut sich die Backsteinfassaden mit ihren hier und da lockeren Fugen und da und dort aussandenden Steinen an. Und die vier Türmchen auf den Hausecken, an denen der eine oder andere Stein einen etwas lockeren Eindruck macht.

Um da ranzukommen, meint er, muss er einen Hubsteiger mieten, und der sei nicht ganz billig. Auf die Türmchen sollte man dann Zinkkappen setzen, damit von oben keine neue Feuchtigkeit ins Mauerwerk dringt – davon gebe es in diesem Land schon genug von unten. Aus dem guten Mann eine Kostenschätzung herauszulocken, ist gar nicht so leicht, doch unter dreitausend Euro wird das wohl nichts.

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Sonnabend, 28. April 2012

Unser Besuch trudelt ein, nach einem Stau vor dem Elbtunnel fast zwei Stunden später als angesagt. Wir päppeln ihn nach der langen Fahrt mit Krabbenbroten wieder auf, in der Früh frisch gepult und unkonserviert bei Guszinski am Hafen erstanden. Lecker, das meinen auch die Gäste, zwei Cousinen von meinem Mädchen, die uns Huus für die kommende Woche gemietet haben. Kein Vergleich zu den Krabben von der Alten Fischereigenossenschaft auf der andere Seite des Hafenbeckens, die wir Anfang der Woche gekauft hatten.

Am Nachmittag folgt ein gemeinsamer Spaziergang durch den Ort, am Abend ein Schlemmen im Hotel Godewind am Hafen. Meine Fischröllchen sind eine gute Wahl, doch das öffentliche Lästern des Oberkellners über seinen neuen Lehrling in Anwesenheit desselben macht ihn nicht gerade sympathisch.

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Sonntag, 29. April 2012

Wir packen unsere Sachen und reisen ab, überlassen die beiden Mädels sich selbst. Vielleicht kommt ja demnächst eine Rückmeldung. Die kommt schneller als gedacht, wir haben gerade erst die Eiderbrücke passiert: Da haben sie doch in der Diele noch eine Tasche von uns entdeckt! Also noch einmal kehrtgemacht, und dann geht es erneut über die Brücke zurück ins Heilige Römische Reich deutscher Nation, derweil das Dragseth Duo von der CD im Autoradio die zweite Strophe von Theodor Storms Gedicht An die Freunde singt, mit dem dieses Tagebuch begann:

Wird uns wieder wohl vereinen
Frischer Ost und frischer West?
Auch die losesten der Vögel
Tragen allgemach zu Nest.

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Frühere Tagebücher


Unser Leben in ‘Uns Huus’: April 2012
Letzte Bearbeitung 11.10.2018