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Dieser Beitrag ist nicht zuletzt eine Hommage an unseren Küchenbauer Sax Brodersen, der zu dem Zeitpunkt, wo ich dies aus den handschriftlichen Notizen abtippe, nicht mehr unter uns weilt. Ein unkonventioneller und in seiner Art faszinierender Mensch! Wir sind überzeugt, dass kein ‘XXL-
ach einem dreistündigen zweiten Frühstück bei Friedbert in Stuhr treffen wir am Nachmittag in Tönning ein. Dieses Mal gehen alle mitgebrachten Lebensmittel nach oben ins Appartement, denn morgen Vormittag müssen die Küchenschränke leergeräumt werden.
Anfang August waren wir, eine Belegungslücke bei den Vermietungen nutzend, das letzte Mal für ein paar Tage im Huus und hatten bei der Gelegenheit mit unserem Küchenbauer aus Hattstedt die letzten Details beschnackt. Ansonsten war es ein von Traurigkeit begleiteter Aufenthalt. Während wir noch in Tönning waren, starb Tante Gisela, so dass wir sie auf dem Heimweg nur noch zu ihrer Beerdigung besuchen konnten. So wird es künftig auf halber Strecke zwischen Dortmund und Tönning keinen Zwischenstopp mit ihrem unnachahmlichen Butterstuten mehr geben – so richtig vorstellen können wir uns das immer noch nicht.
Und dann gab es im August noch etwas ausgesprochen Mysteriöses: Wir fanden einen in Schweden abgestempelten Brief an unseren Nis Puk im Briefkasten. Er erlaubte es uns – wahrscheinlich war er bannig stolz darauf – ihn zu lesen:
Hallo Nis — altes Haus (oder wie sagt man bei euch?). Lange nichts mehr von dir gehört. Du bist z.Zt. in Deutschland, hat unser Cousin Tonttu mir erzählt. Er hat auf der Rückreise nach Rovaniemi bei mir Station gemacht und berichtet, du hütest ein altes Haus in Tönning und hast manchmal Besuch von fremden Leuten. Mir geht es ganz ähnlich, ich passe seit ein paar Monaten auf eine kleine ehemalige Schmiede auf. Da sind auch immer wieder fremde Leute zu Gast. Aber meistens behandeln sie mich gut. Nur die Grütze, die sie mir rausstellen, ist ein wenig seltsam und heißt Müsli oder so ähnlich.
Ich lege dir ein Bild von mir bei. Darauf bin ich bei der Suche nach meiner Grützschüssel im letzten Winter zu sehen. Es war gerade ein Gewitter – den Blitz habe ich gesehen, aber den Donner nicht gehört. Die Menschen haben es mit einem schwarzen Kasten gemacht und nennen es “Fottogravie” oder so ähnlich. Ich habe es von ihrem Schreibtisch stibitzt, weil wir es ja nicht so gerne haben, dass Bilder von uns durch die Welt geistern.
Lass mal wieder von dir hören, vielleicht sehen wir uns ja auf dem nächsten Sippentreffen.
In alter Freundschaft dein alter Schwede
Tomte Tummetott, z.Zt. Gotland
Wer dieser Tomte Tummetott auch sein mag, irgendwie haben wir ihn im Verdacht, sich zur Weiterleitung seines Briefes an unseren Nis Puk menschlicher Hilfe bedient zu haben. Wer das gewesen sein könnte, blieb und bleibt uns ein Rätsel; auch ein Vergleich der Handschrift mit denen auf anderen Briefen der letzten Jahre half nicht weiter. Wir fanden schließlich noch heraus, dass eine Frau Lindgren ein Buch über ihn geschrieben hat und nahmen es daraufhin in die Bibliothek von uns Haus auf.
Und nun sind wir mit den Fahrrädern auf der Anhängerkupplung wieder in Tönning – in der Hoffnung, dass die Bauarbeiten in der Küche nach einer Woche beendet sind und wir dann noch eine Woche Urlaub haben. Doch jetzt geht es erst einmal zum Abendessen in den Roten Hahn.
ach dem Frühstück räumen wir die Küchenschränke leer, das meiste kommt aufeinander gestapelt und eng zusammengeschoben in den Vitrinenschrank in der Diele. Ab morgen erhält die Küche ihr neues Gewand. Zum Abschied vom alten hier noch ein Foto, das zeigt, wie sie bislang eingekleidet war:
Am frühen Nachmittag wuseln wir ein bisschen im Garten herum. Schnell kommt da ein Sack mit abgeschnittenem und zusammengeharktem Grünzeug zusammen, der noch beim Recyclinghof entsorgt werden muss. Gegen Abend schauen wir mit zwei Flaschen Wein im Leinenbeutel bei den Nachbarn vorbei und erfahren den Klatsch & Tratsch der letzten drei Monate. Es wird recht spät.
unkt neun taucht wie versprochen Sax Brodersen auf. Die neuen Küchenelemente und Geräte stehen bereits seit Dienstag in seiner Halle in Hattstedt, doch zuvor muss die alte Einrichtung abgebaut werden. Der Küchentisch und die Stühle werden noch ins Wohnzimmer geschoben, un dann geiht dat los!
Wir lassen ihn bei diesem destruktiven Werk allein und flüchten vor dessen Anblick ins Gewerbegebiet von St. Peter-
Als wir am frühen Abend mit dem oberen Teil unseres Regalturms aus Husum zurückkehren, ist der Küchen(ab)bauer bereits abgereist. Das halbhohe Zwischenmäuerchen ist abgerissen, und die in ihm bislang verborgenen Wasser- und Abwasserleitungen ragen ragen anderthalb Meter weit in den Raum. Die von den alten Fliesen befreite Wand sieht uns vielfach verletzt vorwurfsvoll an, und vor ihr häuft sich ein Müllberg, den wir erst einmal beseitigen. “Es wird alles wieder gut”, trösten wir die Wand und versprechen ihr, in den nächsten Tagen schöner als zuvor gefliest und eingekleidet zu werden.
Am Abend bauen wir – nicht ohne Probleme, da ein Brett eine verrutschte Bohrung aufweist – den Regalturm links der Tür zum Wohnzimmer auf.
m halb neun wollte unser nordfriesischer Küchenbauer kommen, gegen halb zehn dann ein Telefonanruf: Der gute Mann steht ohne Benzin drei Kilometer vor Tönning auf der Bundesstraße 5. Doch gerade jetzt, unterbricht er das Gespräch, halte ein Wagen an, so dass wir ihn wohl nicht mehr aus diesem Dilemma retten müssen.
Kurz nach halb zehn stoppt er mit einem jungen Transporthelfer und der Hälfte der Küchenmöbel vor unserem Haus. Er hätte vor der Abfahrt noch tanken wollen, erklärt er sich, dies jedoch über ein Problem bei der Abholung des Mietanhängers vergessen. Wie auch immer, die beiden schleppen die meist noch in Kartons verpackten Küchenelemente ins Haus und verteilen sie im Erdgeschoss. Dann werden die traurigen Reste der alten Küche sowie der Bauschutt eingeladen und sie ziehen wieder ab. Anderthalb Stunden Pause, zumindest für uns. Wir genießen sie bei Gartenarbeit.
Am frühen Nachmittag wird die zweite Ladung angeliefert, und die Kartons werden gleichfalls im Erdgeschoss verteilt. Man kann sich kaum noch in der Wohnung bewegen, doch zumindest sind die Schrankelemente und Geräte schon einmal im Haus. Nach unheimlich viel sieht es aus, wie um alles in der Welt soll das alles an zwei Wände passen? Wir werden sehen. Morgen geht es weiter.
ax Brodersen, unser Küchenbauer, taucht gegen acht Uhr mit einem Elektriker auf. Wir frühstücken zusammen, dann wird an den Wänden markiert, wo Steckdosen und Schalter hin und Kabel aus der Wand kommen sollen. Der Küchenbauer zieht Leine, und der Elektriker legt los. Durch geschicktes Schieben der neuen Kabel hinter die Rigipsverkleidungen und zielsicheres Hervorangeln der Enden aus an anderen Stellen in Platten gefrästen Löchern geht weniger an den Wänden kaputt als befürchtet. Gegen zwölf Uhr laden wir den Meister zum Mittagstisch in den Roten Hahn ein, in dem einst die Tönninger Feuerwehr auf ihre Einsätze wartete.
Gegen zwei Uhr ist unser Küchenbauer mit einem Installateur zurück, der die in den Raum ragende Installationen für die frühere Spüle und den ehemaligen Geschirrspüler zurückbauen soll. Er sieht sich die Sache an und konstatiert, dergleichen Rohre seien in Nordfriesland unüblich und er habe keine Werkzeuge für sie. Dann macht er sich von dannen.
Und das ist der Grund, so wie wir ihn verstanden haben: Wasserrohre werden heutzutage nicht mehr gelötet, sondern ‘zusammengequetscht’. Dabei gibt es verschiedenen Systeme, und für jeden Typ Rohr eine spezielle, mit enormen Druck arbeitende ‘Quetsche’. Dieses Werkzeug ist ausgesprochen teuer, so dass sich die Installateure meist auf ein System beschränken.
Schockstarre bei uns und angestrengtes Nachdenken beim Küchenbauer. Er telefoniert mit einer Firma in Tönning. Nach einer Stunde kommt deren Chef, sieht sich die Sache an und schüttelt gleichfalls den Kopf. Auf Anregung des Küchenbauers telefoniert er aber noch mit seinem Großhändler und fragt dort nach einem Betrieb, der Rohre unseres Typs bezieht. Er bekommt den Namen einer Firma in Heide genannt.
Dort würde er auch jemand kennen, meint unserer Küchenbauer und greift zum Telefon. Die Firma kann’s, hat aber in dieser Woche keine Zeit mehr. Sax Brodersen drückt auf die Tränendrüsen von wegen einer bedauernswerten Kundin, die (das sollen wir merken, falls wir gefragt werden) in Stich gelassen von einem Installateur aus Nordfriesland ihre nun küchenlose Wohnung schon für die kommende Woche neu vermietet hat. Kleine Pause am Ende der Leitung, die Dame will ihren Chef holen. “Man muss die Dithmarscher mit ihrer Eitelkeit kitzeln”, erklärt uns der Küchenbauer in der Zwischenzeit, “wenn man ihnen das Gefühl gibt, sie können etwas, wo ein Nordfriese die Segel streichen muss, hat man so gut wie gewonnen.” Und es wirkt! Spätestens am Freitag will die Firma zwei Leute vorbeischicken, vielleicht auch schon früher. Genaue Terminabsprache morgen in der Früh, bevor die Arbeiter ausschwärmen – hoffentlich auch nach Tönning!
Am Abend wandern wir zur Jahresvollversammlung des Fremdenverkehrsverein Tönning im Restaurant des Freibades. Von den 75 Mitgliedern sind 15 anwesend, darunter erstmals auch die beiden aus Dortmund. Alle Abstimmungen erfolgen einstimmig. Die bisherige Schriftführerin wird verabschiedet (mien Deern macht die Fotos) und ihr Ehemann zum Nachfolger gekürt.
Es folgt eine unruhige Nacht. Taucht morgen ein Installateur auf, der mit unseren Rohren klarkommt?
ir sind noch nicht ganz aus den Federn, da klingelt um sieben Uhr in der Früh das Telefon: Sax Brodersen: Er hat mit der Firma aus Heide alles geregelt. Heute im Laufe des Tages schicken sie jemanden, die Uhrzeit ist noch unklar.
Banges Warten, die Stunden verstreichen. Kann man den Dithmarschern vertrauen? Immerhin hatten ihnen die Tönninger in alten Zeiten ein halbes Dutzend Jungfrauen geraubt und sie zwecks späterer Verwendung in ihrer Kirche zwischengelagert. Gegen Mittag ruft mien Deern bei der Firma an: Ja, es würde heute noch jemand kommen, doch müsse der Monteur erst noch nach Marne – und das liegt in der Gegenrichtung. Am Nachmittag erscheint der Mann dann endlich, fast gleichzeitig mit Sax Brodersen, der mit ihm darüber fachsimpelt, wie man die Leitungen trickreich halb in die Wand hinein verlegen kann, auf dass unter die Spüle noch zwei Auszüge passen. Dann und wann mit Hinweisen eingreifend und nachmessend beobachtet unser Küchenbauer das Tun des Installateurs, ohne dass sich dieser genervt zeigt. Die beiden verstehen sich ‘op Platt’, und am Ende hat ein Dithmarscher Installateur ein nordfriesisches Projekt gerettet.
Am sehr späten Nachmittag beginnt der Aufbau der neuen Küche, im Alleingang stellt der Küchenbauer unseres Vertrauens die Unterschränke auf und richtet sie aus. Es ist draußen schon dunkel, als alles justiert ist und wir die Arbeitsplatte probeweise auf sie positionieren. Alles passt.
Das war’s für heute. Morgen kommt ein Fliesenleger und baut ab Oberkante Arbeitsplatte den Fliesenspiegel auf.
in neuer Tag ist angebrochen, und er beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück mit Sax Brodersen und dem Fliesenleger, der fast gleichzeitig mit ihm auf der Matte steht. Nach Aufhebung der Tafel klären sie unter sich einige technischen Details und malen ein paar Striche an die Wand; dann macht sich SB von dannen und der Fliesenleger legt los. Nach dem Mittagessen im Roten Hahn, zu dem wir ihn einladen, ist er am frühen Nachmittag mit der Arbeit fertig.
Nur wenig später taucht SB mit seinem jungen Mann wieder auf, und der Aufbau der Küche geht weiter. Die Arbeitsplatte, die bislang nur lose auflag, wird fixiert und Längs- und Querschenkel werden verbunden. Derweil beschäftigen wir uns mit dem Einbau eines neuen Rollo in einem der Velux-
ir frühstücken mit SB und seinem jungen Mann, der, wie er grinsend zugibt, dem Ruf nach Tönning an einem Sonnabend nicht mit der allergrößten Begeisterung gefolgt ist. Während sein Chef beim Mett zulangt, outet er sich als Veganer-
Die Küche nimmt langsam Gestalt an. Vom Grundgerüst her steht sie am Nachmittag, und man kann sich vorstellen, wie alles mal sein wird. Ein Problem gibt es mit den Holztüren vor dem Kühl- und Gefrierschrank, die nicht zu den Türen der Geräte dahinter zu passen scheinen. Neue bestellen? Am Montag kommt erst einmal der Elektriker, um den Herd anzuschließen und Steckdosen und Schalter zu installieren.
Unsere Abendbeschäftigung: Mit einer Flasche Wein auf zwei Hockern unter dem Küchenfenster sitzend das bisherige Werk begucken.