Eine Stippvisite

Frühjahr 2011

 

Donnerstag, 3. März 2011

Kurz nach vier in Hamm gestartet, sind wir staufrei durchgekommen und fahren nach einer kleinen Pause mit Fahrerwechsel bei Hollenstedt gegen neun Uhr in Tönning ein. Hier und dort liegt noch Villons Schnee vom vergangenen Jahr, auch wenn von dem Berg an der Ecke zur Süderstraße, den wir zum Jahreswechsel dort aufgehäuft hatten, nur noch ein kleiner Hügel geblieben ist. Ein paar Schneeflecken finden sich auch in unserem Gärtchen, und der Boden ist hart gefroren. Der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull im fernen Island soll verantwortlich dafür sein, sagen die Wetterfrösche. Und wir hatten uns gefragt, ob wir nicht schon irgendetwas im Garten anpflanzen können!

Doch nun ins Haus, die Heizung hochgedreht und das Auto ausgepackt. Gar so viel ist nicht zu tun – zum ersten Mal seit Menschengedenken mussten wir die Rückbank nicht umklappen.

Wir sitzen eingemuckelt auf dem Sofa, die Heizung braucht noch etwas Zeit. Im Fernsehen läuft ein Krimi, in dem wir Husum, Tönning und Andresens Schankwirtschaft in Katingsiel wiedererkennen, ein Film mit Jens Fedder. Die Flasche Rotwein geht zu Neige, und uns wird innerlich und äußerlich wärmer.

Zum Seitenanfang

 
sheep

Freitag, 4. März 2011

Wieder nach der Zeit der Kirchturmuhr leben. Wie oft hat sie geschlagen, war es die viertel, halbe, dreiviertel oder volle Stunde? Die Glocke der vollen Stunde hat einen anderen Ton, tiefer und bedächtiger. Wenn kurz danach beim Lauschen in die Stille im Abstand von wenigen Minuten noch zwei Mal leise das Kling-klang der Bahnschranke ertönt, war es die volle Stunde. Sechs Uhr, schlafen wir noch ein wenig.

BuchdeckelEs dauert eine ganze Weile, bis es am Morgen warm wird – die Nachtabsenkung der Heizung ist nach der Klimaabkühlung durch den isländischen Vulkan wohl zu niedrig eingestellt. Nach dem Frühstück wandern wir zum Markt, um im Auftrag von Nis Puk einen Brief an Fabian einzuwerfen. Der zehnjährige Feriengast vom letzten Juli hatte ihm zu Weihnachten einen Gruß geschickt, den er nun beantworten will. Zu Ostern ist Fabian wieder zurück.

Die Poststelle findet sich im Hinterstübchen von Boye Hamkens Laden am Markt, ansonsten gibt es dort auch noch Werkzeug, Fahrradzubehör, Schrauben, Nägel, Haushaltswaren, Deko-Artikel sowie Schreibwaren und Bücher. Metallketten natürlich auch, doch keine, wie wir sie suchen. Statt dieser entdecken wir ein weiteres Buch für die Huus-Bibliothek, einen Nordfriesenkrimi mit dem Titel Inselbeichte. Der Umschlag mit dem Leuchtturm von Westerheversand im Schnee hatte den Blick darauf gelenkt.

*  *  *

Zurück im Haus fahren wir gleich wieder los. Ein paar gewichtsmäßig schwere Einkäufe beim Sky Markt stehen an, darunter Kaminholz. “Kaminholz ist aus”, erzählt uns die Deern an der Kasse, doch wie es der Zufall will, kreuzt ein Nachbar unseren Weg. Ob er uns eine Schubkarre Holz voll vorbeibringen soll, will er wissen. “Nicht nötig”, winken wir ab, “wir werden es woanders versuchen.” Als wir eine Stunde später mit zwei Säcken Kaminholz von der Tankstelle zurück sind, liegt da bereits eine Ladung unter dem Pavillon.

*  *  *

Seit zehn vor sechs rennt mien Deern alle zwei Minuten zum Fenster, denn Maler Dircks aus Vollerwiek wollte gegen 18 Uhr vorbeikommen. Um halb sieben ist er endlich da und hat auch schon eine Kostenschätzung für die Neugestaltung der Rückwand von Uns Huus dabei. Der rissige Putz ist unserem Nis Puk schon seit langem ein Dorn im Auge, will mein Mädchen erfahren haben, und seinen Hausgeist muss man bei Laune halten. Wir tauschen noch ein paar, die Angelegenheit etwas teurer machende Ideen aus und terminieren die Baumaßnahme auf “irgendwann zwischen dem 19. September und 15. Oktober. In der ersten Maiwoche treffen wir uns für die endgültigen Absprachen.

Zum Seitenanfang

 
sheep

Sonnabend, 5. März 2011

Nach dem Frühstück geht es zum Baumarkt nach Garding, wo wir eine Kette für unsere Pukkenschaukel auf der Pukkenempore erwerben, dazu noch ein Fläschchen Ponal zur Reparatur einer Türzarge. Dann bläst uns der Wind zehn Meilen westwärts und wir landen im Gewerbegebiet von St. Peter-Ording, wo wir den Wäscheeinkauf des Frühjahrs tätigen.

So kräftig bläst der Wind ja gar nicht. Wir schlendern kurtaxenfrei – das Kassierhäuschen ist nicht besetzt – über die große Sandbank von St. Peter-Ording. An der Arche Noah wird fleißig gewerkelt; neue in den Sand gerammte Stelzen deuten auf die geplante Erweiterung hin. Zu Ostern soll das Restaurant lizenziert durch einen Sylter Unternehmer als Sansibar Arche Noah neu eröffnet werden, in Konkurrenz zu einem anderen Sylter Unternehmen (Gosch), das sich vor drei Jahren an der Seebrücke zur Sandbank etabliert hatte – geschickterweise vor dem Kassenhäuschen, so dass man auch ans Portmonee der Kurtaxenunwilligen gelangt.

Pukkenschaukel © 2011 Jürgen KullmannNach ein paar Minuten an der Wasserkante und einem langen Blick aufs Meer wandern wir zurück. Der Magen knurrt. Bei Gosch sind trotz der kühlen Witterung draußen alle Tische besetzt. Drinnen lärmt und hallt es, nichts für uns. Wir gehen zur Badallee zurück und die Treppe hoch ins Café Stilbruch. Welcher Stil hier gebrochen wird – der Name erscheint eher passend für einen Deko-Laden – erschließt sich uns nicht, doch das Essen ist ganz lecker.

Daheim wird die Pukkenschaukel installiert, anschließend von Jan Hinrich, Paddy-the-Sailor und Eileen Óg getestet und gutgeheißen. Genau so hätte sich Nis Puk seine Schlafstätte vorgestellt, meinen die drei, und Henrietta, sein Klabautermädchen, habe auch noch Platz.

Zum Seitenanfang

 
sheep

Sonntag, 6. März 2011

Ein Sonntagsausflug zum Leuchtturm Westerheversand. Der Schnee ist verschwunden, und nicht nur wir haben uns auf den Weg gemacht. Das wusste auch der Besitzer des Schotterplatzes vor dem Fußweg zum Leuchtturm und läutete heute die Kassiersaison ein. Wir entrichten unseren Parkobolus. “In meinem nächsten Leben werde ich Besitzerin eines Schotterplatzes in der Nähe eines Leuchtturms”, meint mien Deern.

Leichtturm Westerheversand © 2011 Jürgen KullmannSo schließen wir uns der Völkerwanderung zum Leuchtturm an und machen ein paar Fotos mit der kleinen Digitalkamera, derweil ich beim Betrachten der Ergebnisse auf dem Monitor das Gefühl habe, dass die alten Dias daheim besser sind. Vielleicht ist das digitale Licht des 21. Jahrhunderts einfach nicht mehr das, was das analoge des zwanzigsten war.

Als wir bei der Rückkehr über den Deich steigen, kommt uns flotten Schrittes unser weiser Nachbar entgegen. Ob man beim heutigen Wasserstand über die Sandbank gehen kann, will er wissen. “Wir waren nur bis zum Leuchtturm”, antworten wir und er schreitet weiter. Was für eine Sandbank meint er, kann man über sie bis nach St. Peter-Ording laufen? Dieses Rätsel der Sandbank müssen wir noch lösen, doch erst später, denn morgen geht für ein paar Wochen nach Dortmund zurück.

sheep sheep

top down

Weitere Reisetagebücher


Unser Leben in ‘Uns Huus’: Frühjahr 2011
Letzte Bearbeitung 05.04.2017